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Kabarettist Frank Lüdecke in der Loge: Nur Quelle-Katalog ist ein gemeinsamens Fundament für die Wiedervereinigung

BAD KREUZNACH. Janis Choplin, Reinhard Mey und ein Buckelwal traten in Gestalt von Frank Lüdecke auf die Kleinkunstbühne in der Loge. Der Berliner Kabarettist gewährte dort einen Einblick in seine schöne neue Welt, in der Versicherungsvertreter sich selbst die Totenscheine ausstellen.

"Der Erfolgsmensch blickt nach vorn, das Weichei zurück, und der Rest sieht fern." Nach dieser Grobeinteilung der Gegenwartsgesellschaft stürzte sich Lüdecke zur Spurensuche in die deutsche Vergangenheit. "Heute haben wir über 40Fernsehprogramme, damals hatten sie nur einen Führer." Sein Sarkasmus geht weiter: Nur zur Tarnung sei sein Großvater, eigentlich ein engagierter Widerstandskämpfer, in die NSDAP eingetreten. "Aus Schicksalen wurden Schuldige", kürzt der Kabarettist zusammen. Jede Epoche erhält eine besondere Überschrift: "Die Wirklichkeit der 60er-Jahre war dann schon wieder viel benutzerfreundlicher." Als wichtigste Erfindung des kalten Krieges nennt er die Tiefkühltruhe und spottet damit über die Bunkermentalität der Doppelhaushälften-Besitzer.

Studentenführer Rudi Dutschke entlarvt er als geheimen Gegenspieler von James Last. "Einen fließenden Übergang vom Protest zum Produkt" nennt Lüdecke die Tatsache, dass Marketingstrategen mit Musik von Hendrix Hüttenkäse verkaufen.

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Aus den 80er-Jahren ist Lüdecke kaum etwas im Gedächtnis haften geblieben: "Da gab es doch irgend so ein Problem mit der Stromversorgung, als wir sechs Wochen lang keine Pilze essen durften", grübelt er. "Hat nicht Tatort-Kommissar Trittin den Fall aufgeklärt?". Ein wichtiges Datum deutscher Geschichte ist für Lüdecke Freitag, der 10. November 1989. Denn schon einen Tag nach dem Mauerfall hätten Ostbürger festgestellt, dass man bei Aldi oft genauso lang anstehen muss. Ein gemeinsames Fundament für die Wiedervereinigung sieht er nur im Quelle-Katalog.

"Lustige Liedchen" mit Gitarrenbegleitung, frei nach Janis Choplin, Reinhard Mey und den Eagles schmückten seine hintersinnigen Rückblicke. "Willkommen im Hotel Hoyerswerda" beispielsweise schäumte vor schwarzem Humor. Zum Esoterikboom imitierte er sogar den Gesang eines Buckewals. Mit der aktuellen Politik hielt sich Lüdecke nur kurz auf, um lustlos aus dem Handgelenk einige Spitzen auf Schröders Reformen zu schleudern. In der politischen Landschaft kann er nur eine Partei erblicken: "Die CDU mit ihren drei Strömungen SPD, FDP und Grüne". Lüdecke wagte auch einen Ausblick in die Zukunft. Als Genforscher band er sich einen Schlachterkittel um und entwarf kommende Daseinsformen. Hirntote werden bei ihm an einen Premiere-Decoder angeschlossen, bis einer zur Sterbehilfe beherzt auf die Fernbedienung drückt. Günther Bauer