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Das Tourneetheater Landgraf gastierte mit dem Brecht-Stück
"Herr Puntila und sein Knecht Matti" im Großen Kursaal
Peter Bause spielte den Herrn Puntila, Dietmar Pröll den Knecht
Matti: Am Dienstagabend erlebte das Publikum im voll besetzten Kursaal eine
beeindruckende Aufführung des Brechtschen Volksstücks. Es war so, als hätte der
große B. B. den beiden Darstellern die Rollen auf den Leib geschrieben.
BAD KREUZNACH Herr bleibt Herr, Knecht bleibt Knecht: Am
Klassengegensatz gibt es nichts zu rütteln. Vor dieser Folie entwickelte Brecht
sein neben der "Dreigroschenoper" am meisten gespieltes Stück
"Herr Puntila und sein Knecht Matti". Ein vordergründig derbes
Volksstück, bei dem es aber auf die Zwischentöne ankommt. Dem Ensemble des
Tourneetheaters Euro-Studio Landgraf ist es mit seiner
Inszenierung gelungen, den Gegensatz zwischen Herr und Knecht so zu gestalten,
wie Brecht es forderte: poetisch und komisch, lustig, traurig und nachdenklich
stimmend.
Nicht nur die Hauptdarsteller Peter Bause als Puntila und Dietmar
Pröll als Matti glänzten in ihren Rollen - alle Mitwirkenden überzeugten auf
der übrigens närrisch geschmückten Bühne des Kursaals. Luftschlangen und bunte
Fähnchen waren bald vergessen, so dicht war das Geschehen auf der Bühne, die
das Ensemble durch sparsame und geschickte Möblierung nutzte: Die runde und
schief angelegte Spielebene diente nicht nur als Tafel der geplatzten Hochzeit,
sondern auch als Ruderboot, Badestube, Sauna und zuletzt als Berg, den Matti
für seinen Herrn aus diversen Möbeln auftürmt.
Der Großbauer Puntila ist in seinen seltenen Anfällen von
Nüchternheit zu allem fähig. Im Suff sucht er Verbrüderung mit seinem
Chauffeur, dem er sogar seine Tochter Eva zur Frau geben würde - lieber als der
"Heuschrecke im Frack", dem tumben Attaché. Im Suff legt Puntila sich
einen "Bund der Bräute" zu - vier Frauen, die aus der Tristesse ihres
Daseins als Melkerin, Telefonistin, Schnapsschmugglerin und Apothekerin
ausbrechen wollen, von ihm aber genarrt werden. Distanz hält allein Matti, der
Chauffeur, der keinen Respekt vor den besseren Leuten hat, weil er sie
"hinter sich reden hört". Er zeigt Stolz und Klassenbewusstsein und
macht sich nicht gemein. Das provoziert natürlich den mächtigen Herrn Puntila.
Er sieht in Matti zum Schluss den "bösen Geist" und kündigt dem
Gewerkschafter Surkkala, der als Akkordeonspieler durch das Stück zieht.
Brecht schrieb "Herr Puntila und sein Knecht Matti" 1940
im finnischen Exil. Sein Volksstück basiert auf der Erzählung und dem Entwurf
seiner Gastgeberin Hella Wuolijoki. In seinem Arbeitsjournal, das das
Tourneetheater Landgraf auszugsweise im Programmheft abgedruckt hat, ist die
Entstehung dokumentiert. Brecht gesteht dort seine Zerrissenheit - hier der
Krieg, über den er nicht schreiben kann, dort die Beschäftigung mit Puntila. Maria
Janta
Oeffentlicher Anzeiger vom 05.02.2004
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